Über uns 

Man schrieb das Jahresende 1918, als der erste Weltkrieg zu Ende ging. Anfang 1919 kehrten auch die Truppenteile der Gebirgs- Maschinengewehrabteilung, eine Unterabteilung der Goslarer Jäger, die in Seesen ihre Garnison hatte, nach Seesen zurück. Hier wurden sie demobilisiert, um von hier aus in ihre Heimat zurückzukehren. Die vielen Pferde, die von diesen demobilisierten Abteilungen zurückgeführt worden sind, wurden auf dem hiesigen Schützenplatz versteigert. Auf diese Weise kamen gute Pferde wieder in den Besitz der Landwirte und Gewerbebetriebe, die zu Beginn des Krieges 1914 alle ihre Zugtiere abgeliefert hatten.

Aber auch, die nunmehr entlassenen Soldaten kehrten nach und nach in ihre Heimatorte zurück, und so auch Herr Fritz Cleve, Herr Willi Brinkmann, Herr Willi Bartels und zuletzt Herr Dr. Kurt Singelmann, die alle in berittenen Einheiten gedient hatten.

Diese Herren und die Herren Fritz Becker, Hugo Biermann, Kurt Pförtner, Karl Probst, Albert Stegemann und Albert Wagemann fanden sich zusammen und beschlossen, einen Verein unter dem Namen „Reit- und Fahrverein Seesen und Umgebung in Seesen“ zu gründen

Im Jahre 1922 war es so weit, das sie eine Reitabteilung bildeten und schließlich zur Gründung schritten.

Es wurden gewählt:

1.Vorsitzender: Herr Tierarzt Dr. K. Singelmann,

Reitlehrer: Herr Fritz Cleve

Schriftführer: Herr Willi Brinkmann

Kassierer: Herr Willi Bartels

Es dauerte nicht lange, so sammelten sich um diesen kleinen Kreis viele sportbegeisterte Pferdefreunde, um unter der Leitung des ehemaligen hochverehrten Fritz Cleve zu Reiten zu erlernen.

Zu Beginn hat man auf dem Schützenplatz in Seesen mit dem Unterricht begonnen. Bald stellte sich jedoch heraus, dass die Voraussetzungen für dieses Vorhaben nicht geeignet waren.

Im Schildaugelände, das während des Krieges durch die hiesigen Truppen als Exerzierplatz verwandt wurde, wurde ein Teilstück, welches noch mit tiefen Schützengräben durchzogen war, in eigener Arbeit zu einer Reitbahn ausgebaut und der Unterricht nach dort verlegt.

Es wurde fleißig trainiert, und im Jahre 1927 war es soweit, dass das erste große Turnier steigen konnte.

Da das übrige Schildaugelände immer noch eine Geröllhalde war, wurde dieses Turnier wieder auf den Schützenplatz verlegt.

Man erinnert Sich gern an die herrlichen Viererzüge, die von Herrn August Benecke und Herrn v. Wallmoden vorgeführt wurden, die gerittene Fahrschule von Herrn August Benecke, die Zweispänner, die Einspänner usw

Im Springen wurde Herr Otto Flügge, Oberpanshausen, durch einen Pokal geehrt, und so folgten Jahr auf Jahr Training und Turniere, von denen man heute noch in der weiteren Umgebung spricht.

Nachdem die Stadt Seesen das Schildaugelände aufarbeitete und einen großen Doppelsportplatz errichtete, konnten die Turniere auf diesem Platz abgehalten werden.

1933 wurde- wie alle Sportvereine- auch der Reit- und Fahrverein gleichgeschaltet, aber Gott sei Dank nur sportlich ohne politischen Einsatz.

In dieser Zeit hat Herr Fritz Becker den Verein geleitet und über diese schwierige Zeit hinweggebracht.

Es war verständlich, dass auch in den letzten Kriegsjahren durch Einziehen der Pferde und der meisten Reiterkameraden der Sport mehr und mehr ruhte und einschlief. Herr Fritz Becker war verstorben, als der Zusammenbruch kam und keiner besaß den Mut, den Reiterverein wieder aufleben zu lassen.

Im Jahre 1948 dann, setzte der hervorragende Hippologe Kurt v. Knobelsdorff, der nach Hachenhausen verschlagen war, sich mit Herrn Karl Probst, dem früheren 2.Vorsitzenden des Reitervereins, und Herrn Hottopp in Verbindung, um sie zu veranlassen, den Verein wieder ins Leben zu rufen.

Diese beiden Herren haben dann am 18. Januar 1948 alle ehemaligen Mitglieder des Vereins zu einer Besprechung in die „Krone“ eingeladen, wo einstimmig beschlossen wurde, den Verein wieder aufleben zu lassen. Es wurden in dieser Sitzung einstimmig gewählt:

              1.Vorsitzender: Herr Kurt Pförtner             2.Vorsitzender: Herr Karl Probst             Schriftführer: Herr Hermann Fehlig             Kassenwart: Herr Karl Decker             1.Reitlehrer: Herr Fritz Cleve             2.Reitlehrer: Herr Albert Pöhl             3.Reitlehrer: Herr Erich Koch  

weiterer Reitlehrer: Herr Walter Uhde.

Sofort wurde mit der Herrichtung der ehemaligen Reitbahn, die in der Zwischenzeit wieder Exerziergelände mit Schützengräben geworden war begonnen, und mit viel Mühe und Arbeit wurden Bande und Anpflanzung erstellt.

Zu den ehemaligen Mitgliedern gesellten sich sehr schnell Mitglieder aus der Umgebung aus Rhüden, Herrhausen, Bornhausen, Engelade, Münchehof, Kirchberg, Bilderlahe usw.

Die Leistungen der Reiter zeigten sehr schnell gute Erfolge, so dass wiederum Jahr für Jahr große Turniere abgehalten wurden.

Dabei erinnern wir uns der glänzenden Viererzüge von Herrn August Benecke, Herrn Otto Flügge, Herrn v. Knobelsdorff, Herrn Pfifferling und Herrn Züchner. Wir erinnern uns aber auch an die hervorragenden Springleistungen eines Herrn Abel aus Hornburg auf „Tandem“ und Herrn Karl-Heinz Rollwage aus Bockenem auf „Cypra“ .

Auch die hervorragenden Vorführungen der Kaltblutstutenschau mit den jeweiligen Familien haben einen gewaltigen Eindruck hinterlassen.

Viele tausend Zuschauer säumten damals die Sportplätze, und es war für die Stadt Seesen und Umgebung jedes Mal eines der größten sportlichen Ereignisse.

Ein Hindernis stellte sich aber immer wieder ein, und das war der Winter.

Die Wetterverhältnisse ließen es nicht zu, den Reitbetrieb auch in diesen Monaten durchzuführen, und vieles was in den Frühjahrs-, Sommer- und Herbstmonaten erarbeitet wurde, ging in den Wintermonaten verloren. Daher beschloss man, unter allen Umständen eine gedeckte Reitbahn zu schaffen.

Zuerst wurde eine Scheune, die dem Alten Amt gehörte und sich auf dem Schildberggelände befand, gepachtet und mit einem Hufschlag versehen. Schon bald stellte sich heraus , dass ein Unterricht darin nicht stattfinden konnte. Dann wurde das Alte Amt aufgelöst und von Herrn Züchner die große Scheune auf dem Amtsgelände gepachtet. Diese wurde wieder mit einem Hufschlag versehen. Jetzt konnte wieder einige Jahre erfolgreich über das ganze Jahr hinweg geritten werden. Eines Tages fiel auch diese Scheune der Spitzhacke zum Opfer, und es waren wieder keine Reitmöglichkeiten im Winter vorhanden.

Die aktive Mitgliederzahl schrumpfte durch diese Umstände zusammen.

Der Vorstand und die Mitgliederversammlung beschlossen nunmehr eine angebotene Scheune auf der Domäne Bilderlahe käuflich zu erwerben. Es ist heute noch der Mut der damaligen Mitglieder zu bewundern, dass sie dieses Unternehmen in die Hand genommen haben.

Die Scheune wurde abgerissen und unter Verwendung dieses Materials die derzeitige Reithalle gebaut.

Das Gelände war hügelig und stark abfallend, und es kam dem Verein zugute, dass die Autobahn um diese Zeit gebaut wurde. Die Baufirmen hatten Verständnis und schickten nach Feierabend und Sonnabends ihre Baumaschinen, Bagger und Schieber, die das gesamte Gelände einplanierten.

Damit waren die Voraussetzungen für einen Bau erst einmal gegeben. Es muss hier gesagt werden, dass ein Großteil an Arbeiten von den damaligen Mitgliedern persönlich geleistet wurde.

Aber auch dem Landessportbund, dem Kreissportbund Hildesheim, dem Landkreis Hildesheim- Marienburg, der Stadt Seesen und vielen, vielen Spendern muss heute an dieser Stelle gedankt werden, für die Unterstützung, die der Reiterverein in den damaligen Jahren erhalten hat. Trotz aller Begeisterung und allem persönlichen Einsatz wäre es ohne die zur Verfügungsstellung von Mitteln nicht möglich gewesen, die derzeitige Reithalle mit entsprechendem Gelände erstellen zu können.

Mit der Reitbahn wurden Stallungen für 24 Pferde, eine Wohnung für den Reitlehrer und eine Gaststätte errichtet.

Mit dieser Errungenschaft begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Reit- und Fahrvereins Seesen und Umgebung. Dem Vorsitzenden, dem Schriftführer und dem Kassierer fielen nunmehr nicht nur die Vereinsarbeiten zu, sondern sie hatten auch die Verwaltung für das ganze Objekt mit einem Personal von meistens 4 – 5 Personen zu erledigen und dafür zu sorgen, dass die entstehenden Kosten immer gedeckt werden konnten. Andererseits hat sich in dieser Zeit der Verein sportlich gewaltig entwickelt und ist zur Zeit einer der erfolgreichsten Niedersachsens. Die Entwicklung war so positiv, dass von der Domänenverwaltung weiteres Gelände hinzugekauft werden konnte, worauf nun eine Außenbahn errichtet wurde.

In die Halle wurde eine Tribüne eingebaut und viele Verbesserungen vorgenommen. Auch der nächste Zeitabschnitt- mit dem jeweiligen Vorsitzenden DR. Dietrich Pförtner und Erns Brill war gekennzeichnet von einer starken Aufwärtsentwicklung.

Seit 1965 führte Herr Herrman Nagel den Vorsitz des Vereins, Ihm zur Seite steht Herr Horst Rosenstiel als 2. Vorsitzender. Schriftführer ist Herr Dr. Dietrich Pförtner, und die Kasse verwaltete seitdem 40 Jahre lang in altbekannter Weise Herr Karl Decker.

Die Reithalle und der Reitsport werden geleitet durch Herrn Szabo´ (Schneider).

Der Gesamtvorstand stellt sich nun wie folgt zusammen:

               1.Vorsitzender: Herr Hermann Nagel             2.Vorsitzender: Herr Horst Rosenstiel             Schriftführer: Herr Dr. Dietrich Pförtner             Kassenwart: Herr Karl Decker  

Veranstaltungswarte: Herr Wolfgang Pförtner,Herr Dr. Fritz Lamprecht, Herr Dr. med. Konerding

Jugendwart: Herr K.-H. v. Bothmer

Auch in den Jahren von 1965 bis 1972 hat der Vorstand Mut bewiesen. Es wurden die Stallungen großzügig modernisiert und erweitert, so dass heute Platz für 30 Pferde zur Verfügung steht.

Ein Clubraum wurde im Zuge dieser Umbauten errichtet.

Durch die Auflösung der Dömäne ergab sich die langjährige Pachtung der Weiden hinter der Reithalle auf der anderen Seite der Nette und die Pachtung des Geländes neben der Reithalle. Auf diesem sollte in Absehbarer Zeit die reitsportlichen Anlagen erweitert werden.

Auch sportlich konnten ausgezeichnete Erfolge erzielt werden, so muss an die vielen Hallenturniere gedacht werden.

Im Jahre 1968 konnte die Landesjugendstandarte durch unsere Seesener Abteilung für zwei Jahre errungen werden

Herr Jörg Offeney wurde Deutscher Jugendmeister in der Vielseitigkeit und konnte1971 diesen Sieg wiederholen. Sein Bruder Frank Offeney konnte bei der Teilnahme am Europa Championat den 3. Platz in der Niedersächsischen Landesmeisterschat der Vielseitigkeit erringen.

Herr Bernd Ahrends wurde im Jahre 1970 Sieger der Niedersächsischen Meisterschaft der Junioren-Springreiter und konnte diesen Sieg im Jahre 1971 ebenfalls wiederholen.

Im Jahre 1971 wurde er Mitglied der Auswahlmannschaft der Junioren Springreiter.

Fräulein Susanne Otto konnte in der Deutschen Springmeisterschaft den 2. Preis im Amazonen-Jugendspringen erreichen. Fräulein Bärbel Nagel wurde im Jahre 1971 6. in der Landesmeisterschaft im Amazonen-Jugendspringen. Frau Karin Rosenstiel errang den 6. Platz in der Niedersächsischen Landesmeisterschaft bei den Seniorinnen.

Auch die übrigen Turnierreiter des Vereins erzielten im Land Niedersachsen und in der der Bundesrepublik viele erste Plätze und weitere Platzierungen. Wenn man bedenkt, dass gegen die gesamte Auswahlelite des Bundesgebietes gekämpft werden musste, hervorragende Erfolge.

Aber auch die Voltigier Abteilungen haben immer für Nachwuchs gesorgt und in den Wettkämpfen sehr gut abgeschnitten.

Eine ganz besondere Freude und Genugtuung ist es dem Verein das seit 1971 die geistig und körperlich behinderten Kinder einmal wöchentlich zwei Reitstunden bekommen und sich diese Therapie als besonders erfolgreich erweist.

 

Aus dem Heft zum 50 Vereinsjubläum 1972